Mhanadistan Briefspiel
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Von den Novadis Teil 2

Nach unten

Von den Novadis Teil 2 Empty Von den Novadis Teil 2

Beitrag  Alrik Sa Mai 01, 2010 10:38 am

Tanz

Der Tanz spielt im Leben der Novadis eine wichtige Rolle, Schautänze zur Ergötzung des Publikums genauso wie die wilden Volks- und seltsamen Trancetänze der Männer und Frauen. Bei den Tänzen sind die Geschlechter meist getrennt, Paartänze oder gemischte Gruppen sind selten. Reigentänze, bei denen die unverheirateten Mädchen die jungen Männer mit ihren Reizen necken, und jene, im Gegenzug, mit ihrer Kraft und Geschicklichkeit prunken, kann man auf fast jedem novadischen Fest beobachten.
Von den Trancetänzen seien der Shefteli als Männertanz und der Mouzmazar als Frauentanz erwähnt. Diese rituellen Tänze werden meist nur von Dabla und Nasenflöte begleitet und können sich über Stunden hinziehen, wobei sich das Tempo immer mehr steigert, die stampfenden Schritte immer schneller werden , bis die Tänzer einen Zustand der Entrücktheit erreicht haben. Die Frauen erlangen die Trance, indem sie sich am Ende des Mouzmazar bis zu einer Stunde lang schneller und immer schneller um sich selber drehen und dabei den Kopf im Kreise pendeln lassen. Diesen Tänzen werden reinigende und erneuernde Kräfte zugeschrieben, sie sollen Krankheiten der Seele vertreiben und den Tänzer seiner Gottheit näher bringen.
Lauschen die Novadis meist lieber einem Sänger als einer Sängerin, so scheinen sie, was tänzerische Darbietungen betrifft, dem weiblichen Geschlecht den Vorzug zu geben. Uns sind nur zwei Männertänze bekannt: der Bel-Dechi, was “Schwirrende Dolche“ bedeutet, bei dem die Tänzer während der komplizierten Schritte, Sprünge und Drehungen, Wurfdolche zwischen die Füße ihrer Gefährten in den Boden schnellen lassen und der Khunchalla, zuweilen auch Tanz der Assinati genannt, ist ein ebenso wild-akrobatischer, kriegerischer Tanz; er wird oft mit dem Khunchomer oder Säbel getanzt, einzeln, zu zweit oder in der Gruppe, und imitiert auf tänzerische Weise einen Kampf – ein gefährliches Vergnügen, denn die Waffen sind scharf, und bei den zahlreichen rituellen Figuren, wie dem wirbelnden Sonnenrad, kann es durchaus zu Verletzungen kommen.

Der Frauentänze aber gibt es so viele, dass wir sie unmöglich alle benennen und beschreiben können; da gibt es Tänze mit Schlangen, Fingerschellen, verzierten Stäben, bunten Bändern und Schleifen, auch werden bisweilen Gegenstände auf dem Kopfe balanciert, z.B. Amphoren, Säbel und Leuchter. Charakteristisch für den Tanz der Frauen sind die weichen, anmutigen Bewegungen der Arme, das Wiegen und Kreisen der Hüften, die kleinen, trippelnden Schritte, die lebendige Mimik, die Schmerz und Sehnsucht, Zaudern, Sieg und Unterwerfung gleichermaßen auszudrücken vermag. Auch verstehen es die Tänzerinnen, auf erregende Weise das Fleisch ihres Bauches und ihrer Hüften zum Schwingen und Vibrieren zu bringen. Bei manchen Tänzen winden sie sich gleich Schlangen am Boden, biegen ihren Körper zu ungeahnten Posen, fremd und sinnlich, aber niemals ohne Grazie, und es gibt Tänze mit der Waffe, die dem Schattenkampf der Krieger gleichen, und viel Kraft, Geschick und Mut von der Tänzerin verlangen.
Schön herausgeputzt sind sie, die novadischen Tänzerinnen, über und über mit klirrenden Schmuck behängt, aber die kostbaren, zarten Stoffe ihrer Gewänder verhüllen nur wenig von den biegsamen Körpern.
Eine gute Tanzdarbietung ruft bei den Novadis oft solche Begeisterung hervor, dass sie der Tänzerin stampfend und johlend Beifall spenden und ihr mit einem wahren Hagel von Münzen, edlen Steinen oder Schmuck danken. Auch scheint es, dass manchen Tänzen eine Magie innewohnt, die das Publikum verzaubern kann bis zur völligen Selbstvergessenheit.
Vom Kalifen Haschabnah wird berichtet, dass oft düstere Stimmungen seinen Geist umwölkten; auch wurde er von Schmerzen an Kopf und Gliedern heimgesucht, die keine Medizin vertreiben und kein Heiler lindern konnte. Die Kunde von den Leiden des Kalifen erreichte die Tänzerin Riftah Saba al Assiaban, die größte ihrer Zeit, und sie bat, vor dem Kalifen tanzen zu dürfen. Mit nur einem Tanz heilte sie ihn von seiner rätselhaften Krankheit, und er belohnte sie reich mit Gold und Adamanten.
Die Kunstfertigkeit einer novadischen Tänzerin wird in neun Stufen eingeteilt, von denen die erste als leichte, und die neunte und höchste als gnadenreiche Kunst bezeichnet wird. Nur die erste Stufe der Tanzkunst kann ein Mädchen in den zelten der Frauen lernen – die Namen der Tänze und Stile, wie den zögernden, den herrischen,
oder den verlangenden, die Bewegungen des Körpers, die Schrittfolgen und Tanzfiguren. Erweist sie sich als gelehrig, und äußert sie den Wunsch, Tänzerin zu werden, so wird diese Entscheidung in der Regel von der Familie respektiert, und man wird sie bei einer der berühmten Frauen in die Lehre schicken; Tänzerinnen sind bei den Novadis hochgeachtet; man glaubt, dass sie unter dem besonderen Schutz von Rastullahs Gemahlin Dschella stehen. Unter Frauen können nur sie und die Achmad’sunni ein wirklich freies und unabhängiges Leben führen und mit den Jahren viel Ruhm und große Reichtümer anhäufen.
Übrigens scheint es, dass die Novadis einer reifen Tänzerin den Vorzug zu geben vor einer jungen. Dies liegt nicht nur daran, daß der weibliche Körper mit den Jahren oft üppiger wird und dem novadischen Schönheitsideal besser entspricht – erst die Erfahrung des Lebens, die Kenntnis seiner Leidenschaften und Sehnsüchte, Freuden und Leiden, verleiht in den Augen der Novadis dem Tanz die Kraft und Wahrhaftigkeit des Ausdrucks.

Essen und Trinken

Die ursprüngliche novadische Küche ist ein Produkt der harten Umweltbedingungen: Sie ist einfach, nahrhaft und ohne jede Kunstfertigkeit – jedenfalls in den Augen der städtischen Araber und Mittelländer. Vor allem die Hirse gilt außerhalb der Wüste als mindere Speise.
Dabei lässt sich allerdings feststellen, dass die Novadis mit den wenigen vorhandenen Zutaten Gerichte herstellen, die eines gewissen Reizes nicht entbehren: Es ist erstaunlich, wie sehr sich Wasser, Hirse und Milch – und manchmal Fleisch – variieren lassen. In der Regel wird die Hirse auf dem Kamelmistfeuer zu einem dicken Milchbrei gekocht, der sich auch trocken und später kalt essen oder, zu schuhsohlenförmigen Fladen geformt, mit etwas Schmalz braten lässt. Geschmackliche Variationen werden durch getrocknete Datteln, Feigen und einige wenige Würzkräuter erzeugt. Unter den Gewürzen sei besonders erwähnt das Feuerkraut, dessen Schärfe, die dem Fremden das Wasser in die Augen treibt, zugleich eine konservierende Wirkung hat.
Datteln zählen zur wichtigsten Nahrung der Novadis – sie essen sie frisch oder trocknen sie und verwenden sie während der Wanderungen als nahrhafte Speise für sich und auch ihre Pferde und Kamele. Die verschiedenen Dialekte kennen bis zu elf Namen für verschiedene Süße, Reifegrade und Verwendungszwecke der nahrhaften Früchte.
Die Milch der Schafe, Ziegen und Kamele kann in der Wüste kaum länger als einen Tag aufbewahrt werden – deshalb kennen die Novadis die Sitte, die überschüssige Milch mit Lab zu versetzen und zu säuern und so dickflüssigen Quark und Yoghurt zu erhalten, der in vielen Speisen Verwendung findet und auch gern einfach mit viel Zucker gegessen wird.

Die novadische Vorstellung von einem Festmahl lässt sich in wenigen Worten skizzieren: “Fett, salzig und süß“ muss das sein, was einem Hairan als edel erscheinen soll. So türmen sich denn bei einem der seltenen Festessen gebratene Ziegen, Schafe und Hühner auf gekochter Hirse und Reis, übergossen mit süßen, würzigen und vor allem scharfen Soßen. Das starke Salzen ist vor allem bei den Beni Shadif verbreitet.
Dazu trinkt man dann teuren Wein oder einheimischen Dattelwein in großen Mengen, so dass am nächsten Morgen die Köpfe dick und die Zungen pelzig sind – ein Novadi hat nun einmal selten Gelegenheit zu einem Rausch. Dafür wissen sie das Wasser sehr zu schätzen. Wohl nur ein Wüstennomade wird die Gefühle verstehen können, die aus den Versen des novadischen Dichters Abu ibn Sirkan sprechen:

Langsam trinke ich das Wasser –
Sanft spiegelt es die Höhe des Himmels.
Doch sein Geschmack ist gleich dem der tiefsten Erde,
kraftvoll und weich zugleich.
Süßer als Dattelsaft
Berauschender als Wein
Erregender als die Liebe
- die Gabe des Herrn
nach neun Tagen der Dürre und Sonne.

Wenn Novadis allerdings einmal einer Karawane begegnen, kaufen (oder rauben) sie Tee und vor allem Zucker, mit dem sie den starken Teesud so sehr süßen, dass es für einen Mittelländer ein graus ist.
Ein anderes verbreitetes Getränk ist das Khalaff: Man bereitet es, indem die Milch der Ziegen oder Kamelstuten langsam über einem Feuer oder durch die Wüstensonne getrocknet wird. Die sich bildenden Brocken bewahrt man auf und wirft sie am Morgen in einen Wasserschlauch, um nach einem Tag des Reitens einen nahrhaften und süßlichen Seim zu haben.

Interessant sind auch die Essmanieren der Novadis: Einerseits essen sie selbstverständlich mit der bloßen Hand, der Gastgeber stopft dem Gast gar die besten Brocken in den Mund. Andererseits darf der gläubige Novadi nur Geschirr verwenden, das nicht von Ungläubigen berührt wurde. Selbst feinste Töpferwaren werden daher nur versiegelt an ihren Bestimmungsort geschafft.

Rauschmittel und Gifte

An Rauschkräutern kennen die Novadis nur einen Bruchteil der Fülle, die von den Arabern verwendet wird. In der Praxis hat nur Cheriacha größere Bedeutung wegen seiner kultischen Verwendung. Das getrocknete Fleisch eines Wüstenkaktus raucht man, allein oder mit Tabak, in einer Wasserpfeife, um Visionen zu suchen. Die Kraft des Krautes führt den Raucher bis in die Nähe Rastullahs und sorgt so für göttliche Offenbarungen. Von allen bedeutenden Anführern der Novadis weiß man, dass sie Cheriacha rauchten.
Interessant ist, dass die Stacheln des Cheria-Kaktus ein relativ gefährliches Gift enthalten: Eine Stichverletzung reicht oft, um das Opfer in einen Rausch zu schicken, von dem es – zumal in der Wüste – keinen Rückweg findet. Andererseits benutzt auch die Bruderschaft der Salzgänger getrocknete Cheriastacheln bei der Anbringung der rituellen Schmucknarben auf Stirn und Wangen... Viele schreiben diesem Brauch die geradezu elfische Fähigkeit der Salzgänger zu, sichere Wege über die trügerischen und launischen Salzseen zu finden.
Der Menchal-Kaktus dagegen wird vor allem geschätzt, weil sein Saft gegen Gifte fast jeder Art wirkt.

Schattenkampf

Vom novadischen Schattenkampf haben schon viele Krieger gehört, aber selbst an den bedeutenden Akademien wird viel Falsches und Verzerrendes über diese eigentümliche Kampfübung berichtet. Und so wollen wir ihn hier etwas ausführlicher behandeln, damit sich der Leser selbst ein Urteil bilden möge.
Zunächst einmal: Der Schattenkampf ist nicht so alt wie der Rastullahglaube, wie oft behauptet wird, und er wird auch nicht – wie es ebenfalls heißt – in einigen der 99 Gesetze genau beschrieben. Richtig ist vielmehr, dass er erst seit der Denkschrift des berühmten novadischen Ring- und Säbelkämpfers Sarhidi el Sardanap in der heutigen Form durchgeführt wird. (Jedoch beruht er auf uralten Traditionen, wie man sie etwa bei den Hadjiinim beobachten kann.) Und auf diese Denkschrift mit dem Titel “Wie der Gottgefällige Geist und Körper stärkt durch Gebet und Kampf, Rastullah zum Wohlgefallen und sich selbst zum Frommen, gemäß der Forderung des 77. Gesetzes, wo es heißt: der Gottgefällige stärkt Geist und Körper durch gebet und Kampf“ wollen wir uns berufen.
Wie aus dem Titel der Denkschrift deutlich wird und wie Sarhidi auch über etliche Seiten erläutert, geht es beim Schattenkampf nicht nur um die Stählung des Körpers; er ist durchaus eine religiöse Übung, und vom gottesfürchtigen Krieger wird erwartet, dass er ihn so oft wie möglich ausführe, “mindestens aber einmal im während eines Gottesnamens, außer er befindet sich im Kriege, um das Reich der Rechtgläubigen zu vergrößern. In diesem Falle bereite er sich auf den Krieg vor, indem er an allen Tagen eines Gottesnamen, außer am achten, den Schattenkampf übe.“
Den Schattenkampf zu beschreiben, ist nicht einfach, denn es gibt auf den ganzen Welt nur wenig Vergleichbares. Und überdies wird er meist im Verborgenen ausgeführt. Dabei ist er doch ein genauso fester Bestandteil der kriegerischen Ausbildung, wie die religiöse und moralische Unterweisung oder die Vermittlung der 27 erlaubten Griffe beim Ringkampf.
Der Schattenkampf wird immer mit der Waffe – dem Säbel, Khunchomer oder Doppelkhunchomer – durchgeführt, und er ähnelt über Strecken dem Gefecht mit einem Unsichtbaren, verbissen kämpfenden Gegner: Wilde Attacken mit wuchtigen Hieben gegen Kopf, Brust oder Beine des Unsichtbaren, schnelle Drehungen, um dessen Schlägen auszuweichen, Sprünge und Paraden wechseln einander ab. Wundern muß man sich, dass die heftigen Hiebe, die doch nur Luft zerschneiden, dem Schattenkämpfer niemals das Gleichgewicht rauben; auch wird man nicht beobachten, dass seine Klinge jemals den Boden berührt, selbst wenn er den imaginären Gegner vom Scheitel bis zur Sohle zu spalten scheint. Und der entrückte Ausdruck seines Gesichtes mit den halb geschlossenen Augen hat so gar nichts gemein mit der grimmig-wilden Miene eines novadischen Kriegers beim echten Kampf.
Aber die Bewegungen des Schattenkämpfers sind nicht nur schnell: Schien er gerade noch mit wirbelndem Schwung eine ganze Schar von Gegnern zu enthaupten, so wirkt es, nur einen Wimpernschlag später, als habe er Macht über die Zeit und könne ihren Fluss verlangsamen. So seltsam gedehnt sind seine Bewegungen, dass sie kaum noch an einen Kampf gemahnen – eher gleichen sie einem unendlich langsamen Tanz oder, wenn man so will, dem behaglichen Räkeln und Strecken einer Raubkatze – und wiederum muß man sich wundern, dass der Krieger dabei nicht das Gleichgewicht verliert.
Nun, solches wird man beobachten können, wenn man einen novadischen Krieger beim Schattenkampf beobachtet. Freiwillig wird kein frommer Novadi diese Übung einem Ungläubigen vorführen; er würde damit gleich gegen zwei der achtzehn diamantenen Regeln verstoßen, die Sarhidi für den Schattenkampf aufgestellt hat.
Regel 1: Der Krieger ziehe sich zurück von allen Menschen und suche einen Platz auf, wo er einsam ist und nicht gesehen werden kann, wenn er den Schattenkampf übt.
Regel 12: Der Krieger betreibe den Schattenkampf niemals zur Ergötzung anderer, oder um mit seiner Geschicklichkeit zu prunken. Dies ist eine Sünde.
Wir wollen noch einige weitere, wichtige Regeln aus Sarhidis Denkschrift zitieren, weil wir Glauben, dass in ihnen der eigentümlich religiöse Charakter dieser Kampfübung gut zum Ausdruck kommt.
Regel 2: Der Krieger verlasse sein Zelt und übe den Schattenkampf im Freien, und zwar vor dem Aufgang der Sonne oder nachdem sie untergegangen ist.
Regel 3: Der Krieger wende den Kopf zur Seite und gehe seiner Wege, wenn er einen anderen sieht, der den Schattenkampf übt.
Regel 7: Der Krieger entledige sich, bis auf den Schurz, aller Gewänder, die den Körper beengen, wenn er den Schattenkampf übt.
Regel 8: Der Krieger reinige seinen Körper mit Wasser, bevor er sich anschickt den Schattenkampf zu üben; dann übe er so lange, bis das Wasser getrocknet und er wieder in Schweiß geraten ist. Danach reinige er seinen Körper abermals.
Regel 9: Der Krieger befreie sein Herz von Zorn und Grimm, wenn er sich anschickt den Schattenkampf zu üben, und sein Geist soll frei sein von schweifenden Gedanken.
Natürlich werden nicht alle achtzehn Regeln immer und überall ganz streng befolgt: Der bekannte Männertanz Khunchalla zum Beispiel ist im Grunde nichts anderes als ein Schattenkampf mit Musikbegleitung; und ein Novadi in einer Stadt wird nicht immer ein einsames Plätzchen außerhalb der Stadt aufsuchen, sondern daheim im stillen Kämmerlein seine Übungen machen, denn schließlich ist in der zweiten Regel von Zelten und nicht von Häusern die Rede. Und was das Reinigen des Körpers betrifft, so begnügt man sich in den langen Zeiten der Dürre mit einer symbolischen Reinigung. Aber im großen und ganzen nehmen die novadischen Krieger Sarhidis Regeln ernst, denn wer dies tut, “den belohnt Rastullah mit einem klaren Geist und einem geschmeidigen Körper“.

Besondere Stämme der Novadis

Die kulturelle Vielfalt der Novadis ist kaum in einem Kapitel abzuhandeln – dazu kommen noch die zahlreichen Unterschiede zwischen den zahllosen Stämmen der Khom. Im folgenden sollen einige der bekannteren Einzelstämme kurz beschrieben werden.
Der Stammesverband der Beni Kharram lebt in der Bergoase El’Karram am Rand des Khoramgebirges, wo die Menschen besonders unter den kalten nächtlichen Nordwinden leiden.
Aus diesem Grunde haben sie auch eine viel gerühmte Schafzucht entwickelt und stellen schweren dicken Filz her, den sie weithin verkaufen und der in Fasar und Punin als “Wüstenloden“ bekannt ist und ob seiner Wasserdichtheit gern gekauft wird.
Unter den Novadis der Khom sind sie die sesshaftesten und ruhigsten, was wohl durch ihren beträchtlichen Reichtum aus dem Karawanenhandel verursacht wurde. Die wilderen und ärmeren Stämme betrachten sie mit leisem Spott, da sie ihren Scheichen und ihrem Sultan große Macht einräumen und nur selten einmal Fehde unter den Sippen herrscht.

Den Stamm der Beni Schebt kennt man vor allem aufgrund des skurrilen Heiratsbrauches, den sie in ihrer Oase Schebah pflegen. Bei der großen Chorbash in der Regenzeit kommt es bei ihnen zu einer regelrechten Frauenversteigerung: Der eigens gewählte Versteigerer beginnt mit dem schönsten der bis zu zwanzig Mädchen und versucht, möglichst hohe Brautpreise in Form von Schafen, Kamelen, Pferden und Teppichen zu erzielen. Beim nächsten Mädchen sind es dann schon weniger, dann noch weniger und so weiter. Der nun erreichte Gewinn wird benutzt, die Mitgift der weniger ansehnlichen Mädchen aufzustocken, auf dass auch sie noch einen Gatten bekommen.
So sind auch gerade die weniger ansehnlichen Frauen der Beni Schebt von auffallender Selbstständigkeit, da sie eigenen Besitz haben, über den sie auch frei verfügen können.

Die Beni Habled sind wegen ihrer militaristischen Lebensweise bei den übrigen Stämmen der Khom bekannt und gefürchtet, denn sie sehen sich als die eigentlichen Herren der Wüste und erkennen keine Fremden Besitztümer an. Die erfolgreiche Teilnahme an einem Raubzug ist die Voraussetzung zur Durchführung des Mannbarkeitsrituals, bei dem der Hairan dem Jungen Schnitte im Gesicht zufügt. Die dabei entstehenden Narben gelten als Zierde, der Besitz des Mannes gründet auf all jene Kamele seines Vaters, deren Namen er während dieser Zeremonie trotz des Schmerzes noch vernehmlich ausrufen konnte.
Die Beni Habled besitzen keine Oase, sondern nur einige Wasserlöcher in der innersten Khom – sie sind keinem Stammesverband zugehörig und keinem Sultan Untertan. Selbst die Treueschwüre gegenüber dem Kalifen und Rastullah scheinen eher Lippenbekenntnisse zu sein, denn ihr blutiger Kult eines grausamen Herrschergottes und Völkerschlächters hat selbst mit den extremen Ansichten der Mawdlis in Keft wenig gemein.

Den Beni Terkui gehört die Oase Terekh in der zentralen Khom – nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Oase an der Nordseite der Wüste (das Wort bedeutet einfach “fruchtbarer Boden“). Sie gehören bis heute zu den typischen Vertretern der Khombewohner. Sie unterwarfen sich Rastullah schon sehr früh, betrieben aber noch jahrzehntelang intensive Blutfehden gegen die Beni Novad, um ihrer Ehre Genüge zu tun. Lange verhinderten ihre Überfälle fast jeden organisierten Handel durch die Khom. Als die Handelsroute zwischen Keft und dem ebenfalls unabhängigen Lieblichen Feld immer bedeutender wurde, gelang es einer jungen Vertreterin des Handelshauses Tiorakis in Kuslik, einige Hairans so zu beeindrucken, dass das Haus seither freie Passage hatte. Nach und nach entdeckten die Beni Terkui die Vorzüge ihrer Lage an der wichtigsten West-Ost-Straße zwischen Punin und Brabak, und so konnten auch andere Händler die Strecke nutzen.

Ein weiterer sehr kriegerischer Stamm sind die Beni Khibera, die - wie die Beni Tarasch und die Uled Djebasch – zur Gruppe der Beni Shadif gezählt werden. Deshalb waren sie auch stets treue Anhänger des jeweils herrschenden Kalifen oder Sultans von Unau und stellten schon früh Soldaten für seine Leibwache. Die Khibera stehen in dem Ruf, absolut loyal und gehorsam zu sein und ihre Waffen – Lanze und Doppelkhunchomer – mit tödlicher Perfektion zu beherrschen. Ihr Diensteifer und die von anderen Stämmen belächelte Untertänigkeit führten dazu, dass sie heute auch als Stadtwachen und Büttel in Mherwed und Unau eingesetzt werden – auch die gefürchteten “Gelbherzen“ des Sultans von Unau stammen größtenteils aus dem Stamm der Beni Khibera.
So ist es kein Wunder, daß ‚Khibera’ im Kalifat zum allgemeinen Ausdruck für Büttel und Wächter geworden ist und auch viele so bezeichnet werden, die gar nicht dem Wüstenstamm angehören.

Die Beni Avad sind Zeltnomaden in der Steppe Südgoriens. Sie drangen als einer der ersten Stämme nach Rastullahs Offenbarung aus der Khom hervor und zogen mehrmals plündernd durch den Balash. Unter Kalif Malkillah II. führten sie einen längeren Religionskrieg gegen die Bewohner der Nachbaroasen. Dann erwählten sie das heutige Stammesgebiet, in dem sie ihrer alten Lebensweise nachgehen konnten.
Die Beni Avad gehören zu den eifrigsten Flusspiraten des unteren Mhanadi und kassieren auch von allen Karawanen, die auf der Straße nach Goriens Hauptstadt Al’Ahabad ziehen, Wegzoll. Trotzdem sind auch sie durch die bloße Nähe der tulamidischen Zivilisation nach und nach ruhiger und friedfertiger geworden, und viele vom Stamm der Beni Avad sind heute Händler, Söldner und andere zivilisierte “Halsabschneider“.

Übrigens: Reinrassige Vertreter der Beni Novad gibt es heute kaum noch. Schon während der Unterwerfung der anderen Stämme und der Befreiung der Khom wurden ihre Männer stark dezimiert. In den folgenden Jahren, als sie zur herrschenden Schicht aufgestiegen waren, holten sich die Beni Novad Frauen aus den zelten aller Stämme, und so floß in den Adern ihrer Söhne immer weniger vom Blut der Vorväter. Heute können fast alle Novadis behaupten, dem “Ersten aller Stämme“ anzugehören.
Alrik
Alrik
Admin

Anzahl der Beiträge : 88
Anmeldedatum : 01.05.10
Alter : 44
Ort : Hamburg

https://ibelinerland.forumieren.de

Nach oben Nach unten

Nach oben

- Ähnliche Themen

 
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten